Für wen mach ich das hier eigentlich?
„Natürlich für mich, …” sagt der Verstand ganz pflichtbewusst. “… das hier ist mein Leben.” Ein wenig unsicher fühle ich mich während diese Worte duch meinen Verstand rauschen. „Was meine ich eigentlich damit?““ – könnte ich mich fragen… stattdessen kommt ein: „Hab ich ihn nicht Gut erzogen? Muss in der Familie liegen!“
Tatsächlich – und wir werden uns auch kurz anschauen wie das Gehirn funktioniert – ist das nicht so leicht zu beantworten. Die Frage ist aber auch echt unkonkret. Also lasst uns die mal aufdröseln: In meinem Fall bezieht sich das:
- „ich“ auf mich – ich bin Anfang Ende 30, männlich, neugierig, experimentierfreudig, glaube an eine Welt die ohne Gewinnabsicht funktioniert usw…
- „das hier“ – uff ich schätze mal damit meine ich das Leben – im Großen wie im Kleinen. Aufstehen, Fühlen, Denken, Handeln… Schlafen
- „für jemanden machen“ – Jede Handlung folgt am Ende einen Erfolg. Wem oder was ist dieser Erfolg gewidmet oder zuträglich ist ob nun bewusst oder unbewusst stellt sich meist erst später heraus. Noch etwas später spielt selbst das kaum mehr eine Rolle.
Was ich bei dieser Frage spannend fand war es mir anzuschauen wie sich Mensch in verschiedenen Lebenssituationen Angefangen beim Neugebohrenen wohl in erster Linie noch vom biologischen Instikt bishin zum echten Erwachsenen entwickelt der nicht nur für sich – sondern für seine Kinder und Enkelkinder, Angestellten, Mitmenschen wirkt.
Ich nenne das mal „echter Erwachsener“ weil mich das Gefühl beschleicht, dass es noch den ein oder anderen Menschen gibt, der zwar auf dem Papier als Erwachsener deklariert – innerlich und in seinem wirken aber noch auf dem Niveau eines Kleinkindes handelt.
Hirn und Verstand
Das Gehirn bekommt vom Körper die meiste Energie zu Verfügung gestellt. Mit einer zentralen Aufgabe: Kontrolle des Energiehaushaltes – speziell: So wenig Energie wie möglich zu verbrauchen.
Wenn sich das Gehirn also einer Frage stellt – dann gibt es da mehrere Modi-Operandi (aufsteigend nach Energieverbrauch sortiert)
- Standartantwortreportoir abfeuern
- Gewohnheitsheuristik ausprobieren
- Tatsächlich nachdenken
Und da das Gehirn eben dafür sorgt, dass wir (vermeintlich) wenig Energie verbrauchen, denken wir – tatsächliches denken – echt wenig nach (und befinden uns stattdessen gern in Dauerschleifen).
Natürlich gibt es Ausnahmen. Legst Du zum Beispiel ein paar Menschen unter ein Hirnscanner und zeigst Ihnen Bilder von Bäumen, Autos, Menschen, was Dir noch so einfällt und Matheaufgaben – dann wirst Du bei den Mathe-Aufgaben feststellen, dass da nicht bloß das Bild gesehen – sondern tatsächlich Gehirnaktivität angestoßen wird. Ob das in diesem Beispiel wohl an der Natur unseres Geistes oder unser Sozialisierung liegt?
Generell gilt jedoch: Der Stromsparmodus sorgt dafür, dass sich Mensch lieber aus der Affäre zieht, als von seiner Gewohnheit abzuweichen. Oder anders ausgedrückt: seine Zeit lieber in alles andere Steckt, als neue Entscheidungen zu treffen. Entscheidungen kosten die meiste Energie.
Zurück zum Thema
Immer wieder: zurück zum Thema. Denn auch das ist eine Verhaltensweise des Gehirns. Wenn es sich mit einem Thema wieder und immer wieder auseinandersetzen “darf”, dann beginnt es irgendwann einmal damit, sich tatsächlich „damit“ zu befassen.
Fragt sich doch, wer da entscheidet womit ich mich (bzw. Du Dich) wieder und wieder befasse. Wer entscheidet was ich tagtäglich tu? Wer entscheide welche Reize, Impulse Aufgaben auf mich einwirken? Wer entscheidet, wieviel autonomer Entscheidungsspielraum mir zwischen biologischer Faulheit – ääh Energiesparmodus – und gesellschaftlicher Sozialisierung bleibt?
Ist der Mensch ohne Impuls von Außen – und somit einer Entscheidung über das wie ich mich selbst erlebe – überhaupt in der Lage eine eigenwillige Veränderung herbeizuführen? Denn wenn immer alles wär wie es wär, wär doch gar keine Veränderung nötig (oder per Definition möglich).
Dies grob zusammengepackt erklärt dann auch, warum sich manch Lebensereigniss ein Leben lang wieder und wieder wiederholen: Um da mal ganz bewusst hinzuschauen, hineinzufühlen, umzudenken – UM-ZU-DENKEN!
Es ist wie es ist
Eigentlich Lustig. Das Gehirn will es also einfach und braucht Impulse/Erinnerung/Wiederholung um sich einer Sache anzunehmen. Dabei ist ganz Rational betracht Immer alles wie es ist.
Daran lässt sich auch nichts ändern. Das was passiert ist, ist passiert. Fertig. Jetzt ist es so. Eigentlich total einfach. Oder in positiv formuliert: Immer Alles Perfekt
Doch wir bekommen das nicht immer sofort mit (oder wollen das auch nicht immer wahrhaben). Manchmal auch beides zusammen. Denn ein Teil (der weitaus größere) Deines ICH-Verständnisses mit dem Du Dich und Deine Welt erlebst ist nichts anderes als ein Abbild. Stell Dir, wenn Du kein besseres Bild hast, das z.B. als ein Puzzel vor. Du machst eine Momentaufnahme und fügst diese als Puzzelteil deinem Gesamtwerk hinzu. Es besteht dann aus lauter (veralteten) Teilen, die bei Bedarf immer mal wieder aktualisiert werden. Und brauchst Du, nur weil mal ein Puzzelstückchen nicht passt gleich das ganze Puzzel wegzuschmeißen? Sicher nicht. Nimm einfach das nächste Stück.
Herz und Emotion
Im Laufe des Lebens verstehen wir mit uns selbst und der Umwelt umgehen zu lernen. Solange Du – bzw Dein Verhalten in den gesellschaftlichen Rahmen passt ist alles ok. Wo kein Kläger, da kein Richter. Innerhalb dieses Rahmens darfst Du tun und lassen was Du willst. Das könnten wir jetzt schön Reden – aber eigentlich gehts im Laufe Deiner Sozialisierung vor allem darum für die Gesellschaft kein Problem zu sein. Das geht übrigends um so leichter – je weniger Dir eben jener Unterschied zwischen Deinem Verhalten und Dir nicht bewusst ist.
Das Spiel fängt bereits als Kind an – Belohnung und Bestrafung, Good Cop/Bad Cop, Engel links – Teufel recht. Solange Du dich an die Spielregel hältst und Dich deinem Umfeld, Deiner Familie, Deinen Bezugspersonen entsprechend verhältst und Dich anpassen lernst bekommst Du keine Bestrafung – oder wenn Du Dich besonders gut verhältst – gibts sogar ne Belohnung. Was glaubst Du wie viele „Erwachsene“ noch in diesem Muster stecken?
Glaubst Du wirklich, dass die Art und Weise wie Du Deinen Alltag gestaltest, Deine freiwillige Entscheidung ist? Innerhalb des dir gewohnten Rahmens weißt Du sicherlich hervorragend zwischen Lust und Frust, Freude und Trauer zu navigieren.
Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.
bis ich merke, dass die Art und Weise wie ich die Welt bisher gesehen habe, bisher wahrgenommen, bisher verarbeitet, bisher verstanden… nicht (mehr) stimmt.
Nimm Dir gern wieder das Bild des Puzzels. Das mal ein Teilchen nicht passt spielt keine Rolle. Doch was, wenn einer merkt, das das ganze Puzzelspielt und die Realität immer weniger kompatibel sind (Zum Glück reden wir hier nicht von zwei Puzzelspielern die sich gegenseitig darin bestärken, dass das eigene Puzzelspiel wichtiger sei als mit der Realität in Kontakt zu gehen)?
Die Annahme das die Vase – eben noch in einem Stück – auf dem Tisch stehen müsse – ist zerschmettert. Und das tut erstmal weh. Veränderung tut weh. Denken tut weh. Wenn „man“ es nicht gewohnt ist. Das zu ignorieren und mit den gesellschaftlich anerkannten Mitteln wie Arbeit und Konsum zu überdecken könnte erklären warum Burnout und überflüssiger Wegwerf-Konsum in unserer Gesellschaft so beliebt sind.
Du wirst, wie alle anderen um Dich herum nicht aus der Geschichte rauskommen, dass Du zu einem guten Teil einfach nur dafür etwas tust, dass alles so bleibt wie es scheinbar mal war.
Und Du kannst Dich dafür entscheiden, positiv gestimmt, das wahrzunehmen was ist, Dich darin übst, den Abgleich zwischen innerer und äußerer Welt immer wieder anzupassen, wirst Du es vielleicht viel-leicht haben. Vielleicht, viel-leicht, viel leichter als Du denkst.
Exkurs Innere Welt, Äußere Welt und alles drumherum
Also zusammenfassung und zwischenstand:
- Alles ist immer perfekt. Erklärung: Das was ist ist. Ist so. Immer.
- Der Mensch – DU – macht sich sein eigenes Bild von der Welt um überhaupt funktionieren zu können. Was für eine fantastische Leistung das ist! Das sollte viel öfter gefeiert werden!
- Dein Gehirn reduziert – ausgehend von Deiner Welt – seinen Energieverbrauch und gleicht ggf. mit der Umwelt ab ob noch alles so blieb wie es mal war. Danke an dieser Stelle für alle positiven Einflüsse und Erinnerungen unserer Eltern! Denn davon gibt es reichlich und auch diese dürfen sich gewertschätzt wissen.
- Das alles blieb wie es mal schien ist zwar meisten dann doch nicht so – Bspw. ist jeder einzelne Atemzug einzigartig – Doch wir erachten die kleinen Nouancen der Veränderung für so unwichtig, dass wir auch Tage und Wochen ohne einen bewussten Atemzug auskommen. Gut so. Wie sonst wären wir in der Lage zu navigieren, oder uns darüber zu freuen, dass tatsächlich alles immer perfekt ist?!
Ein bisschen Schizophren ist unscheinbar ganz normal
Irre. Völlig verrückt. Jeder von uns. Tief im Kern wissen wir das alle – Doch wie mit den Atemzügen, fällt das einfach nicht wirklich auf. Weils so normal, und wir im Alltag alle so angepasst sind. Ja es gibt Ausnahmen. Immer (Bis auf wenige Ausnahmen). Und es ist verdammt spannend diese Ausnahmen ganz bewusst zu erleben. In diesem Sinne lade ich Dich ein, wenn Dein Herz heute mal einen ungewöhnlich hohen Freudensprung macht, diesen auch ganz sicher wahrzunehmen.
Zurück zum Ursprung – Alles eine Frage der Perspektive.
Genug Hirnfurz. Ganz egal was Deine Antwort auf die eingehende Frage ist – für wen Du etwas tust – kommst Du aus Deiner eigenen Sicht nicht raus. Ob Du etwas für Dich, für Deine Eltern, Deinen Chef, Deine Kinder, Deine Angst, Deine Überzeugung, Deine Werte tust… Es ist Deine Entscheidung. Dein Verständis. Dein Erleben. Deines Lebens.
Wenn Du ohne Einschränkung alles tun und lassen kannst was Du willst, Dich auf niemanden einstellen oder von irgendetwas abhängig bist – fühlst Du Dich dann frei, oder einsam?
Was glaubst Du für wen ein Neugeborenes seinen ersten Atemzug nimmt? Klar kannst Du da jetzt Argumentieren, dass Neugeborene noch gar keinen eigenen Willen haben und selbst auch nicht entscheiden können für wen sie denn nun etwas tun. Und doch scheint da etwas zu Leben, das gelebt werden will.
Für die Meisten von uns geht es darum eine gesunde Balance zu finden. Aus Innen und Außen. Für mich und für andere. Selbstbestimmt und Getragen. Und wer sich immer nur anpasst, der Situation entsprich, sich einfügt, zugehörig ist und stets angemessen verhält lebt defintiv auch zu einseitig.
Mal ganz zu schweigen von so Studien, wo sich im Fahrstuhl alle – ganz ungewohnt – mit dem Gesicht zur Rückwand stellen – und der Probant naiv unverholfen es ebenso nachamt. „Scheint hier normal zu sein, das muss wohl so, ich mach das mal mit, besser als wenn ich irgendwie blöd auffalle“ könnte sich das Gehirn in so Situationen denken – Vermutlich nimmt es das nicht einmal wahr sondern klassifiziert dieses Erlebnis als Ausreißer, schaut aufs Handy und geht erstmal davon aus, dass alles wird wie es einmal war.